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13:35, 20.11.2024

REDE ZUR AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG O R T S Z E I T

Dr. Sylvina Zander

Im Jahr 2004 erschien ein Buch von Anja Becker mit dem schönen Titel "Wie Gras über die Geschichte wächst" - dieses Buch handelt von den Orten der Erinnerung an der deutsch-deutschen Grenze. Zu diesen möglichen Erinnerungs-Orten gehört auch das an der Ostseeküste gelegene Tarnewitz, weil die Ostseeküste zu DDR-Zeiten Grenzzone war, die beobachtet, bewacht und technisch ausgebaut wurde, um jede Flucht zu verhindern. Heute ist die künstliche Halbinsel einer jener Orte, über die das "Gras" gewachsen ist: die Natur hat sich den Ort zum großen Teil zurückerobert.

Tarnewitz ist kein beliebiger Ort an diesem Grenzstreifen. Er hat eine Geschichte, die - im Zusammenhang dieser Ausstellung - zunächst mit dem Nationalsozialismus verbunden ist. 1935 suchte die Wehrmacht bereits in Vorbereitung des Krieges eine Flugzeugbewaffnungs-Erprobungsstelle, die bestimmte Bedingungen erfüllen sollte: dazu gehörte ein ausreichend großes Schießgelände. Dieses Gelände wurde in der Nähe von Boltenhagen in Form einer Untiefe in der Ostsee gefunden. Diese Untiefe wurde aufgeschüttet, das gewonnene Land mit einer Bitumendecke versiegelt und das Gelände schließlich zu seinem geplanten Zweck - der Waffenerprobung - genutzt. Nach dem verlorenen Krieg nahm erst die amerikanische, dann die Sowjet-Armee das Gelände in Besitz. Bis auf die Wohnanlagen für die Offiziere wurden alle Anlagen demontiert und die Reste gesprengt. 1952 übernahm die DDR-See-Polizei (die Vorläuferin der späteren Volkspolizei See) die Halbinsel. Bewacht wurde die gesamte Ostseeküste durch die Deutsche Grenzpolizei, deren 6. Brigade die Grenzbrigade Küste, für den Küsten-schutz/Bewachung zuständig war. Nach dem Mauerbau im August 1961 wurde die Bewachung verschärft: Überall an der Küste wurden Beobachtungstürme errichtet. Auf der Halbinsel Tarnewitz wurde die zerstörte alte Infrastruktur mit einem Hafen und etlichen NVA-Gebäuden neu erbaut. Nach der Grenzöffnung übernahm die Bundeswehr im Jahre 1990 die Halbinsel, verkaufte sie aber kurz darauf an einen Privatinvestor, der für den Neubau einer Marina und einer Hotelanlage (Weiße Wieck) alle Gebäude aus der DDR-Zeit abrieß, das restliche Gelände aber sich selbst überließ. Gras konnte über die Geschichte wachsen.

In den Ort Tarnewitz sind also zwei wichtige Epochen der deutschen und der deutsch-deutschen Geschichte sich überlagernd eingeschrieben. Er ist ein Ort, der als "authentischer" Ort deutscher Geschichte das Erinnern und die Bewahrung der Erinnerung als Gedächtnis lohnt. Der Ort ist getränkt mit militärischer Nutzung, mit Waffen, Bewachung und Überwachung - und neuerdings ist er auch ein Ort der Erholung. Es ist ein Ort, an dem die Vergangenheit zweimal abgerissen und demontiert wurde - und dessen Geschichte dennoch in das kollektive Gedächtnis zumindest im lokalen Bereich eingegangen ist.

Die Künstler dieser Ausstellung setzten sich mit dem spezifischen Ort Tarnewitz auf je sehr persönliche Art und Weise auseinander. Fast Ausnahmslos sind die Arbeiten von ihm inspiriert. Dabei kann Tarnewitz als ein Platz eigener biografischer Verstrickung, als poetischer, als "dornenreicher" Ort empfunden werden oder als Bereich für eine ganz persönliche Wanderung im Bewusstsein ewiger Veränderung genutzt werden.

Ein Leitthema dieser Ausstellung sind zwei schon mehrfach gefallene Begriffe: Erinnerung und Gedächtnis. Spätestens seit der Documenta 11 (unter Okwui Enwezor) im Jahr 2002 ist die Erinnerung als ein zentrales Thema der Kunst wahrgenommen worden, dort oftmals verknüpft mit dem Willen zur Aufklärung oder zur politischen Erkenntnis, während andere Künstler ihre ganz persönlichen "Archive" schufen.

Was und wie wird nun von den Künstlern hier in Tarnewitz erinnert und des Gedächtnisses für wert gefunden? Welche Inspirationen, Gefühle und Prozesse setzte der Ort Tarnewitz in ihnen frei?

 

Annette Czerny

"Weiterhin erfolgte die Erprobung von Maschinengewehren, Bordkanonen, Bordraketen und Sondergeräten, Dabei legte man großen Wert auf die drallstabilisierte Rakete RZ 65. Weiterhin probte man in den laufenden Jahren verschiedene Muster von Raketenbewaffnung. So kamen die RZ 73 (Kal. 73 mm), Rz 15/8 (Kal. 150 mm) und RZ 100 (Kal. 420), später dann auch Werfergranaten (Wgr21), sowie R4M Bordkanonen dazu. Für Ausrüstungsversuche kamen zum Großteil Flugzeuge vom Typ Me 262, Bf 110, Fw 190 sowie Ba 349!" Diese Informationen findet man auf einer Internetseite "fliegerhorste.de/tarnewitz".

Diesem Technikinteressierten, kalt-technokratischen Sprechen über einen der Vernichtung dienenden militärischen Ort und die dort erprobten Tötungsmaschinen widersprechen die Arbeiten der drei beteiligten Künstler/Innen.

Annette Czerny scheint direkt auf das obige Zitat zu antworten, wenn sie die Kirche mit einer Klanginstallation aus Wiegenliedern erfüllt, die Frauen, die traditionellen Hüterinnen der Kinder, aus verschiedenen Kulturkreisen und in verschiedenen Sprachen eingesungen haben. Sie hüllen die Kirche mit ihren Klängen ein: sie werden leise, aus verschiedenen Richtungen und zum Teil übereinandergelegt eingespielt. Es geht nicht um eine "Archivierung" und Sammlung unterschiedlicher Wiegenlieder, sondern um die Erfahrung, dass Mütter aller Zeiten und Kulturen ihren Kindern vorgesungen haben. Wiegenlieder dienen dazu, unruhige Kinder zum Schlafen und zur Ruhe zu bringen. Sie zu singen erfordert Liebe und Zeit. Dem Kind wird beruhigende Aufmerksamkeit, eine Stimme und eine wiegende Bewegung geschenkt. Es dauert Jahre der Liebe und Fürsorge, bis ein junger Mann in den Krieg ziehen kann oder muss und es braucht nur einen Schuss aus einer "dralloptimierten RZ ...", um ihn zu töten.

Diese sehr stark emotional besetzte Inszenierung spricht die Erfahrungen aller Mütter und aller Pflegenden, Sich-Sorgenden an. Aber: "Das ist ja plötzlich auch meine Geschichte!" entdeckte Annette Czerny, als sie sich mit dem Ort Tarnewitz auseinandersetzte. Ein Onkel kam als sehr junger Mann zur Militärausbildung hierher, wurde nach Kriegsende von den Russen zusammen mit neun anderen jungen Männern wegen "illegalen Waffenbesitzes" verhaftet und kehrte nie zurück. Ein Foto ist geblieben und zeigt ihn zusammen mit seinem kindlichen Neffen, dem Bruder der Künstlerin. Sein Schicksal ist unbekannt, es kann nur imaginiert werden. Uwe Johnsons Figur des Heinrich Cresspahl aus den "Jahrestagen", der nach dem Krieg in das russische Lager Fünfeichen verschleppt wurde, speichert möglicherweise das kollektive Wissen um diese Zeitepoche und kam Anette Czerny spontan in den Sinn, um dem Vermuten einen Hintergrund zu geben.

In ihrer Arbeit "Die Parallelen schneiden sich" hat Anette Czerny Fotos von Personen aus ihrer Familie auf Transparentpapier gedruckt, und in zwei hintereinanderstehende Holzrahmen gespannt. Die Umrisse der Portraitierten berühren und überschneiden sich - sie sind eng miteinander verbunden. Auf dem transparenten Papier erschienen die Menschen sehr zart und durchscheinend: Erfahrungen und Biographien verschwinden, werden vergessen, aber - so empfindet es Anette Czerny - sie sind nicht verloren, sondern der Familie eingeschrieben, sie gehen in das kollektive Familiengedächtnis ein. Die Trauer der Mütter um verlorene Kinder beeinflusst die folgenden Generationen und lässt sie, wie im Fall des auf dem Foto abgebildeten Bruders möglicherweise zu konsequenten Pazifisten werden.

Trauer der Mütter - auch das hängende Objekt aus Transparentpapier, das in vielen rosa Lasurschichten eingefärbt ist, spricht davon. Rosarot vermittelt dem Neugeborenen die Erfahrung des Mutterleibes, des getönten Lichts, es steht für Geborgenheit und Liebe. Die Hängematte ist weich, ist eine Wiege - aber sie ist nicht brauchbar, denn sie ist zerstört und nicht nutzbar. Die Mütter können ihre Kinder nicht immer schützen.

 

Renate U. Schürmeyer

"Die Halbinsel Tarnewitz durften wir nicht betreten, es war verbotenes Land. Boltenhagen hörte beim Normalbürger beim Wachhäuschen auf."

Transparentpapier ist auch der Grundstoff, aus dem die Ihnen wahrscheinlich sofort aufgefallene Arbeit von Renate Schürmeyer besteht: die Tafeln (Fragmente nennt Renate U. Schürmeyer sie) sind wie Kirchengesangsbücher auf den Gestühllehnen aufgestellt. Etlichen der Tafeln sind Zitate in einer Schreibmaschinentype aufgedruckt: Es handelt sich jeweils um einen besonders markanten Satz aus den Zeitzeugeninterviews, die Renate Schürmeyer mit Menschen in Tarnewitz geführt hat. Sie erinnern sich. Und deutlich wird, dass es unterschiedliche Erinnerungen und unterschiedliche Wahrheiten gibt. Tarnewitz erscheint in den Zitaten als Ort der Bewachung ("Der gesamte Strand wurde in regelmäßigen Abständen nachts von Redewisch bis Tarnewitz ausgeleuchtet"), als Ort der Einschränkung ("Der Schiffsverkehr ist nach 1961 eingestellt worden ... die gesamte Bootsvermietung wurde eingestellt)", als Ort des Misstrauens ("Im Dunkeln an den Strand zu gehen, da war man schon aufgefallen"), des Umganges mit diesen Bedingungen ("erst einmal mitmachen, so gut es geht, dann weitersehen, und zur Not den Mund halten; keine Aufmerksamkeit erregen") und schließlich von der Flucht ("ich kann das verstehen" - "ich kann das nicht verstehen").

Renate U. Schürmeyer wertet die Aussagen nicht, sie stehen jeweils isoliert, vermitteln beim Lesenden ein Gefühl und tragen schließlich, indem über das Erfahrene gesprochen wird, dazu bei, dass sich in der Erzählung herausschält, was und wie diese historische Periode in Tarnewitz erinnert werden wird. Die unbeschrifteten Tafeln stehen für die Erfahrungen, die die Tarnewitzer heute mit ihrem Ort machen; sie warten darauf, beschrieben und mit Erinnerung besetzt zu werden.

Die Flucht ist eines der zentralen Themen in Renate Schürmeyers Auseinandersetzung mit Tarnewitz. "Ostseefluchten" heißt die auf Forschungen des Vereins "Über die Ostsee in die Freiheit e.V." basierende Arbeit. Danach sind wenigstens 189 Menschen bei dem Versuch, über die Ostsee zu fliehen, umgekommen. Nicht alle Opfer sind namentlich bekannt, manche wurden irgendwo angespült, aufgrund ihrer Kleidung als DDR-Bürger identifiziert und bestattet. Renate U. Schürmeyer hat - wieder auf Transparentpapier - Fotos von Meereswasser gedruckt und mit einem Datum, dem (vermuteten) Todestag des Opfers, gestempelt. 189 Meeresbilder und 189 Daten. Die Arbeit erinnert an die namenlosen Friedhöfe der Nordseeküste für die unbekannt angeschwemmten Toten: dort sind es Kreuze, die das Funddatum tragen. Der einzelne Ertrunkene bleibt anonym, er ist einer von vielen und gleichzeitig gibt es den Versuch, ihm ein individuelles Gedenken zu setzen.

 

TO Helbig

TO Helbig verfolgt in seinen Arbeiten einen anderen Ansatz. Nicht die Erinnerung, die festhält, ist das Thema, sondern das Vergängliche. Ihn interessiert das Verstreichen der Zeit und er dokumentiert die Spuren, die sie auf Materialien, Gegenständen und Orten hinterlässt. Nicht alles was geschieht, kann und soll festgehalten werden, es darf vergehen, sich ändern.

In der Boltenhagener "Kirche auf der Paulshöhe" befindet sich an der Orgelempore ein Holzpaneel, das durch unterschiedliche Kreuzsymbole geschmückt und gegliedert wird. In die freien Zwischenräume hat TO Helbig eine Arbeit mit dem schönen Titel "Sonne Mond und Sterne" eingefügt: auf einen schwarzen Kunststoffträger ist ein rechteckiger, schwarz bemalter Pappteller auf- getragen, der jeweils mit weißen Kreisen aus handgeschöpftem Papier in unterschiedlichen Größen und in unterschiedlichen Konstellationen beklebt ist. Auf einige dieser Teller sind anstatt der weißen "Sonne-, Mond- und Sternekreise" Papierstreifen aus ebenfalls handgeschöpftem, schwarz eingefärbtem Papier angebracht, die zu Bündeln zusammengefasst sind.

"Sonne Mond und Sterne" sind im weitesten Sinne von Tarnewitz inspiriert, denn sie reflektieren Erfahrungen, die an der Ostseeküste gemacht wurden: Wanderungen, Spaziergänge unter einem weiten Himmel, sternenklar. Und die schwarzen Teile stehen für die vielen kleinen Feuer, die Küstenmenschen aus ganz unterschiedlichen Gründen seit Jahrhunderten an ihren Küsten machen: als Leuchtfeuer, um Schiffen eine Orientierung im Nebel zu geben oder um einen Ort geselligen Zusammenseins zu schaffen. Tarnewitz ist so gesehen kein Ort der Vergangenheit, sondern eingebunden in eine positive, gelebte Gegenwart.

TO Helbig nimmt den Ort, an dem er an der Ostseeküste arbeitet, sehr konkret in seine Arbeiten auf. Eines seiner bevorzugten künstlerischen Materialien ist das Papier. Wenn er sein Papier selbst schöpft, benutzt er zur Herstellung des Papierbreis Ostseewasser. Es ist durchsetzt mit allen möglichen typischen Bestandteilen des Meeres wie Pflanzen, Muscheln, Sand, wie sie in dieser Mischung jeweils nur an einem bestimmten Ort vorkommen. Die Papiere für seine Arbeit "Zufluss - Abfluss" sind mit in Tarnewitz geschöpftem Wasser gemacht. Ausgangspunkt dieser Arbeit sind Artefakte aus der Zeit um 1935, wie sie noch immer in der Landschaft der nun überwucherten Halbinsel zu finden sind. Hier war es ein direkt am Ufer liegendes Betonteil mit einem eingelassenen Keramik-Abflussrohr. Von diesem Teil hat TO Helbig mit Papier einen Abdruck (Kaschee) genommen, trocknen lassen und auf einen Träger aufgebracht. Das massive Betonstück wird übersetzt in das Papier, das seine Form übernommen hat, zerbrechlich und fragmentarisch. In einer weiteren Arbeit hat TO Helbig die Strukturen dieser Form schließlich ins Malerische übertragen und mit vielen kleinen schematischen Bootdarstellungen bedeckt. Diese Boote können im Zusammenhang mit Tarnewitz eine Fülle an Assoziationen auslösen: Reiselust, Fernweh, Bewegung, Fortkommen - all das steckt in ihnen.

Ebenfalls mit dem Ort Tarnewitz setzt sich TO Helbigs Fotoserie seiner "Wanderungen" auseinander. Er selbst, genauer seine in festen Schuhen steckenden Füße und ein Teil der Hosenbeine, sind zu sehen, wie sie an verschiedenen Plätzen in Tankewitz und Boltenhagen stehen. Findige Beobachter erkennen die unterschiedlichen Untergründe: Strand, alte Schotterwege und alte Straßen, modern gepflasterte Wege, die Seebrücke, mit Gras überwucherte alte Betonteile, Roste - aber es geht natürlich nicht um die Topographie, sondern um die Veränderung. Die Kleidung setzt im Laufe der Zeit "Rost" an.

 

Auf der Halbinsel Tarnewitz

Auf der Halbinsel Tarnewitz, im Tarnewitzer Camp, befinden sich noch vier Arbeiten in der Landschaft. Zwei Arbeiten von Renate U. Schürmeyer spiegeln ihre konkrete Auseinandersetzung mit der DDR- bzw. allgemeiner der Militärgeprägten Vergangenheit des Ortes.

Die Installation "Neue Lebensräume" (von denen eine Mütze im Kur- und Festsaal in Boltenhagen zu sehen ist) besteht aus Militär-Kleidungsteilen, die durch Zement einbetoniert, starr gemacht wurden. Beton und Kleidung erzeugen das Gefühl von Enge, Erstarrung, vielleicht auch Bedrohung. Doch sie liegen verstreut im Gelände, ihrer eigentlichen Funktion beraubt – über sie wird - um im Anfangsbild zu bleiben - das Gras des Vergessens wachsen. Sie verschwinden unter herbstlichem Laub, wer- den von Kleintieren besetzt: zusammen erschaffen sie tatsächlich neue, ungeahnte Lebensräume.

In ihrer Arbeit "Für Tarnewitz" hat Renate U. Schürmeyer in einem 2,70 m hohen "Denkmal" nahe am Ufer mit Blick auf das offene Meer ihr Bild von Tarnewitz verdichtet. Sie hat die Materialien des Ortes, nämlich Beton und Draht genutzt, sie zu einem Turm verbaut und in seinem offenen Innern Stücke von Dornenranken zu einem dichten Dornenteppich "aufgefädelt". Diese Dornen symbolisieren Leid und Schmerz und stehen doch gleichzeitig für das Überwuchern der Vergangenheit. Dieses Denkmal könnte der "besondere Ort" werden, an dem sich das kollektive Gedächtnis repräsentiert findet, weil sich in ihm die Erinnerung an die schmerzliche Vergangenheit dieser Halbinsel materialisiert.

 

Die beiden Aussenarbeiten von Annette Czerny und TO Helbig

TO Helbigs "Bande" bestehen aus sechzig dreißig Meter langen roten und weißen Papierbändern, die kreuz und quer zwischen Bäumen vom Ufer bis zu einem zugewachsenen Bunkereingang gespannt sind. Die Farben Rot und Weiß evozieren die Lichtstreifen, die Autos auf lange belichteten nächtlichen Fotoaufnahmen hinterlassen. In ihnen ist Bewegung festgehalten und die Bänder erinnern an die vielen Menschen, die vom Bunker bis zum Ufer in unendlich vielen Bewegungen hin- und hergegangen sind. Diese Geschäftigkeit ist vergangen und auch die Bänder werden nicht ewig halten, sondern reißen, sich aus ihren Verknüpfungen lösen und damit Teil eines Prozesses des erneuten Vergehens sein.

Annette Czernys Landschaft "Erinnerung. Genau so ist es gewesen" aus Glasscherben, die sich vom Land über Betonplatten oder Erde bis zu den Findlingssteinen am Ufer in verschiedenen Strömen ergießen, werden von Spaziergängern immer wieder umgelegt und neu verteilt werden. Sie verweisen darauf, daß Erinnerung, trotz des "Genau so ist es gewesen" niemals endgültig oder objektiv wahr ist. Zusammen formen die vier Arbeiten wenigsten temporär eine "Gedächtnislandschaft" Tarnewitz.